Wie Tante Laura Menschen mit Demenz helfen kann

Mit unserem Tante-Laura-Projekt die Seele der Betroffenen erfreuen, ihr Alleinsein mildern und die Angehörigen ein wenig entlasten.

Vorgeschichte

Wie alles begann
Mein Bruder und ich hatten lange Zeit nicht viel Gemeinsames - kein Wunder bei dem Altersunterschied von 15 Jahren. Das änderte sich aber grundlegend, als ich erfuhr, dass er stationär in eine neurologische Klinik eingeliefert werden musste. Genau jene Klinik, die wir als Pennäler „Klapsmühle“ nannten.

Mein Bruder in einer “Klapsmühle“ ?
Das kann doch nicht sein! Zu allererst fragte ich meine Schwägerin, wie es denn zu der Einweisung kommen konnte. Sie erzählte mir, daß er sich in letzter Zeit stark verändert habe. Zuerst sei ihr aufgefallen, daß er unerwartet Probleme hatte, ganz alltägliche Tätigkeiten wie Kaffeekochen oder sich Anziehen auszuführen. Ferner habe er Namen, Uhrzeit und Datum nicht parat und vergessen. Für das Zusammenleben sei es auch sehr belastend gewesen, daß er kein Gefühl mehr im Umgang mit Geld gehabt habe und zwischendurch richtig aggressiv geworden sei. All dies habe oft zu heftigem Streit geführt. Sie habe sich diese Wesensveränderungen und das Nachlassen seiner Alltagskompetenz nicht erklären können und schließlich die Einweisung in eine neurologische Klinik befürwortet, um den Ursachen auf den Grund zu kommen.

Schwierige Tage in der neurologischen Klinik
Bei den ersten Untersuchungen im Krankenhaus wurden bereits Demenz-Anzeichen erkannt. Die Familie bemühte sich, bei ihm zu sein und ihn aufzumuntern. In den Zwischenzeiten vermisste er unsere Nähe sehr, ihm fehlte der enge Kontakt und er fühlte sich sehr alleingelassen. Dazu kam, dass er sich an vieles nicht mehr erinnern konnte. Es war schwer, ihm zu helfen. Auf der anderen Seite war er noch mobil, wir machten Spaziergänge oder gingen ins Café, was er sehr genoss.

Entlassung und Wiedereinweisung
Nach längerem Klinikaufenthalt wurde mein Bruder wieder nach Hause entlassen. Erfreulicherweise war seine Aggressivität durch Medikamente deutlich gemildert. Da meine Schwägerin tagsüber arbeitete, war er aber sehr viel allein. Damit kam er im Alltag gar nicht mehr zurecht und bekam vieles nicht mehr auf die Reihe.

Leider zeigte sich eine Unverträglichkeit mit einem der Medikamente, die so stark wurde, daß eine Wiedereinweisung in die Klinik unvermeidlich wurde. Zu unserer Überraschung fand er das gar nicht so schlimm, wurde er doch wieder mehr umsorgt und gekümmert. Aber leider bestätigte sich dort endgültig die Diagnose vaskuläre Demenz.

Rückkehr in seine Kindheit
Nach gut einem Monat war er medikamentös wieder besser eingestellt. Wegen seiner Schwierigkeiten bezüglich der Alltagsbewältigung, Erinnerung und Orientierung brauchte er aber unbedingt eine Betreuung, die rund um die Uhr für ihn da war. Glücklicherweise wurde meine betagte Mutter damals von einer sehr tüchtigen Kraft betreut, die Zeit genug hatte, sich nebenbei auch um meinen Bruder zu kümmern.

Er war mit dieser Rückkehr in sein Elternhaus sehr einverstanden. Die Gespräche mit meiner Mutter taten ihm sehr gut. Oft besuchten ihn seine Frau und die Familie und machten mit ihm einen schönen Spaziergang in vertrauter Umgebung. Eine Phase, in der er sich gut aufgehoben, sicher und wohl fühlte.

Leider fand dieses „Modell“ durch den Tod unserer Mutter, die im gesegneten Alter von 103 Jahren starb, ein jähes Ende und eine Unterbringung in ein Pflegeheim war unausweichlich.
Mein Bruder hatte bereits eine Pflegestufe.

Umzug ins Johanniter-Stift
Nach einer längeren Wartezeit meldete sich das Johanniter-Stift mit der guten Nachricht, daß ein Pflegeplatz frei war. Darüber freuten wir uns sehr, bestanden doch schon lange mit den Johannitern enge Kontakte. Sehr schnell sollten wir die gute Führung des Stifts mit seinem engagierten Betreuerteam voller Empathie schätzen lernen.

Für meinen Bruder bedeutete der Umzug aber einen Wechsel ins Unbekannte, viele neue Gesichter, ein neues Zimmer, Gänge, Flure. Das alles machte ihm Angst und teilweise auch aggressiv. Er fand sich schlecht zurecht. Für einen alten Menschen mit Demenz eine außergewöhnlich starke Belastung. Ein „Zeitzeugnis“ für seine Stimmungslagen ist unser Familien-Tagebuch, das wir bei ihm geführt haben. Wir versuchten ihm natürlich zu helfen, hatten aber einfach nicht mehr Zeit für Besuche.

Hilfe für meinen Bruder

Ich überlegte natürlich die ganze Zeit, was ich für meinen Bruder tun könnte, damit er sich wohler fühlte. Der Druck, etwas zu unternehmen, stieg enorm, als sich herausstellte, daß er nicht mehr telefonieren konnte. Er konnte sich keine Telefonnummer mehr merken und das Telefon nicht mehr richtig bedienen. Eine Zeit lang konnte die Familie ihn noch anrufen, aber er wusste nicht mehr, wie er mit den Tasten umzugehen hatte. Man konnte ihm das hundertmal zeigen. Dadurch fühlte es sich isoliert, sein Kontakt zur Familie war plötzlich wie tot.

Es musste also schnell eine Möglichkeit gefunden werden, sein Gefühl des Alleinseins zu mildern, ihm die so wichtige Nähe der Familie zu erhalten, auch ohne dass einer von uns physisch bei ihm war. Dabei war allen klar, daß kein System der Welt es schaffen würde, die Nähe und Wärme unserer persönlichen Besuche zu ersetzen. Wir als Familie hatten irgendwie ständig ein schlechtes Gewissen, weil wir uns nicht noch mehr kümmern konnten.

Also suchte ich nach irgendeiner Art „Technik“, die in dieser schwierigen Situation wirklich helfen könnte. Das war die Geburtsstunde von Tante Laura.

Konzept Ideen

Sehr schnell führten unsere Überlegungen zu einer Lösung via Internet mit uns Familie als „Sender“ und meinem Bruder“ als „Empfänger“.

Das Konzept für uns Angehörige
Das Ziel war, daß unsere Familie meinem Bruder Fotos oder andere Botschaften sendet, die ihm sehr vertraut waren. Dabei war klar, daß es nicht zu schaffen ist, jeden Abend diese Botschaften für den nächsten Tag zusammenzustellen. Deshalb erfanden wir den Wochen-Sende-Plan.

Mit seiner Hilfe würden wir eine oder mehrere Botschaften zu einer gewünschten Zeit planen und senden können. So wäre es auch möglich, die Abwesenheitszeiten und Ruhezeiten meines Bruders zu berücksichtigen. Der Wochen-Sende-Plan sollte erst einmal für eine Woche ausgefüllt werden, und - sofern nicht verändert - automatisch als Grundlage für alle Folgewochen dienen.

Weiterhin wollten wir den Gesundheitszustand und die Aufnahmefähigkeit meines Bruders berücksichtigen können. Denn die Gefahr einer nervenden Dauerberieselung musste unbedingt vermieden werden. Es müsste also möglich sein, die Anzahl der Botschaften zu begrenzen oder gegebenenfalls eine Botschaftsart wie z.B. Videos sogar ganz zu verbieten, weil sie ihn vielleicht zu sehr aufregt. Ferner sollte man die Lautstärke per Programm regeln und wichtige Standardfotos festlegen können.

Das Konzept für meinen Bruder
Ganz wichtig wäre, daß mein Bruder gar nichts von der Technik verstehen musste und auch keinerlei Bedienung vornehmen musste. Das bedeutete: alle Botschaften sollten vollautomatisch bei ihm ankommen.

Wir entschieden uns schnell dafür, ein Tablet zur Darstellung der Botschaften zu verwenden - aus Kostengründen eine Android-Version. Das Display des Tablets sollte nur angeschaltet sein, wenn auch eine Sendung einer Botschaft anstand. Nachts sollte es sich automatisch abdunkeln, um die Nachtruhe meines Bruders nicht zu stören.

Die Realisierung unseres Tante-Laura-Projekts

Fast zwei Jahre hat es gedauert, bis wir das Projekt bei meinem Bruder einsetzen konnten. Die Botschaften wechseln sich inhaltlich und von der Art her ab, es gibt also Stunden mit Fotos, denen Stunden mit Musik folgen. Videos und Texte fanden wir für ihn nicht so gut. Natürlich habe ich seinen Wochen-Sende-Plan nicht proppenvoll gestopft. Es gibt viele Stunden ohne jede Sendung, sei es, weil er gar nicht im Zimmer ist oder weil er sich ausruht.

Tolle Unterstützung

Da mir zur Entwicklung eines solchen Konzepts die technischen Kenntnisse fehlten, hatte ich das Glück, gleich zu Beginn das Interesse und die Mitarbeit von Jan Wezel, Inhaber der Internetagentur Visiomax, zu gewinnen. Wir kannten uns aus einem früheren Projekt und es entwickelte sich eine tolle Zusammenarbeit. Ohne den Einsatz von ihm wäre aus dem Projekt sicher nichts geworden.

Eine wichtige Hilfe erfuhren wir ferner von den Mitarbeitern des Johanniterstifts, in dem mein Bruder wohnt. In mehreren Workshops haben sie uns beim Feinschliff des Konzepts toll unterstützt. Sie gaben uns Tipps, was bei einer Demenz-Erkrankung besonders zu berücksichtigen ist und auf was wir zu achten hätten. Das hat uns sehr geholfen und weitergebracht.

Mein großer Dank gilt deshalb an dieser Stelle Jan Wezel und dem Johanniter-Team für ihre tolle Hilfe.

Der Name Tante Laura

Fachlich ist unser Projekt als Kommunikationssoftware für Senioren einzuordnen. Auf der Suche nach einem Namen schlossen wir aber eine für Software so typische, kryptische Buchstabenfolge aus, die kein Mensch spontan versteht. Vielmehr suchten wir nach einem angenehm klingenden Namen voller Wärme und Charme. Irgendwann kam ich dann auf Tante Laura. Und so ist das jetzt der Produktname und die Marke für unsere Lösung.

Fazit unseres Tante-Laura-Projekts

Mein Ziel, ihm mit vertrauten Botschaften Sicherheit und Nähe zu schenken und sein Denken anzuregen, scheint erreicht. Es ist sehr schön zu sehen, dass ihm unser „Familienkino“ mit vertrauten oder Lieblings-Motiven gut gefällt. Natürlich bleibt es meine Aufgabe, den Wochen-Sende-Plan in Abständen zu aktualisieren und neue Botschaften einzuspielen.

Für meinen Bruder ist Tante Laura inzwischen etwas ganz Vertrautes geworden, wohl weil es ihm Vertrautes näher bringt. Die Betreuerinnen im Heim erzählen mir oft, dass er es gerne sieht oder hört. Er starrt natürlich nicht „manisch“ auf jede Botschaft. Oft döst er und nimmt das Projekt nur am Rande wahr. Oder er schläft. Aber das ist ja nicht schlimm - es ist etwas da, wenn er wach wird …. und es bleibt da.

Wenn ich bei ihm bin und ihn beobachte, meine ich, ab und zu ein Erkennen der Fotos oder so etwas wie Spuren von Erinnerung wahrzunehmen.

Nach unserem langen Weg freut uns das Alle sehr und spornt uns an, Tante Laura noch weiter bekannt zu machen.

Ausprobieren

Sollten Sie Interesse haben, Tante Laura näher kennen zu lernen, dann probieren Sie unsere Lösung doch einfach mal einen Monat kostenlos aus!

Kontakt

Wir freuen uns sehr auf Ihre Fragen und Anregungen. Bitte nutzen Sie dafür unser Kontaktformular.

Herzlichen Dank für Ihre Zeit und viele Grüße

Gisela und Dr. Maximilian Wolff